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Investitionsentscheidungen richtig treffen und erfolgreich umsetzen - Einleitung

[September 2023]

Investitionsentscheidungen gehören zweifellos zu den wichtigsten und zugleich anspruchsvollsten Unternehmensentscheidungen. Eine falsche Investition kann sich langfristig negativ auf die Entwicklung des Unternehmens auswirken, während eine richtige Investition einen bedeutenden Beitrag zum Wachstum und Erfolg leisten kann. Umso wichtiger ist es daher, sämtliche relevante Aspekte bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Bei Investitionsentscheidungen müssen zahlreiche Faktoren in Betracht gezogen werden, darunter steuerliche Aspekte, Investitionsförderungen, Kapazitäts- und Auslastungsplanung, Logistik sowie Auswirkungen auf das Personal. Die langfristige Rentabilität der Investitionen ist dabei ein zentrales Kriterium.

Es gibt verschiedene Arten von Investitionsentscheidungen, die jeweils unterschiedliche Fragestellungen und Herausforderungen mit sich bringen. Eine Wahlentscheidung befasst sich damit, welche Investition aus mehreren Alternativen realisiert werden soll. Bei einer Ersatzentscheidung wird entschieden, ob ein bestehendes Investitionsgut durch ein neues ersetzt werden soll. Die Investitionsdauerentscheidung betrifft die Nutzungsdauer eines Investitionsobjekts, während Programmentscheidungen die Auswahl und Realisierung einer Kombination mehrerer Investitionsprojekte umfassen.

Der Entscheidungs- und Umsetzungsprozess von Investitionsvorhaben lässt sich typischerweise in mehrere Phasen unterteilen. In der Planungsphase werden Handlungsalternativen aufgezeigt, Informationen gesammelt, die Durchführbarkeit geprüft und Wirtschaftlichkeitsrechnungen durchgeführt. In der Realisationsphase wird die Investitionsentscheidung getroffen und die Umsetzung erfolgt. In der Überwachungs- und Kontrollphase werden Investitionskontrollrechnungen durchgeführt, Soll-Ist-Vergleiche vorgenommen und ein Investitionscontrolling etabliert.

Investitionsrechenverfahren spielen in allen Phasen des Entscheidungsprozesses eine wichtige Rolle, um die erforderlichen Entscheidungen zu quantifizieren, Argumente zu stützen und verschiedene Alternativen miteinander zu vergleichen. Vereinfacht ausgedrückt dienen die Investitionsrechenverfahren zur Beurteilung von Investitionsprojekten, wobei die absolute oder die relative Vorteilhaftigkeit überprüft werden kann. Wesentliche Voraussetzungen für die Beurteilung einer Investition sind die Einnahmen und Ausgaben, die dem Projekt zugeordnet werden können. In der Theorie und Praxis unterscheidet man bei den Modellen der betriebswirtschaftlichen Investitionsrechnung zwischen statischen und dynamischen Investitionsrechenverfahren.

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Statische Investitionsrechenverfahren

[September 2023]

Die statischen Investitionsrechenverfahren spielen aufgrund ihrer einfacheren Anwendbarkeit und Verständlichkeit in der Praxis eine bedeutende Rolle bei der groben Bewertung von Investitionsmöglichkeiten. Bei den statischen Investitionsrechenverfahren werden die dem Objekt zurechenbaren Einnahmen und Ausgaben periodisiert und Durchschnittswerte abgeleitet. Diese Durchschnittswerte sind maßgebend für die entsprechende Entscheidung, wobei der Faktor Zeit vernachlässigt wird - dies ist zugleich der größte Schwachpunkt der statischen Investitionsrechenverfahren, da dem unterschiedlichen zeitlichen Anfall der Zahlungen nicht ausreichend Rechnung getragen wird. So erfolgt zwar eine Periodisierung des Aufwands in Form von Abschreibungen, jedoch bleibt die zu Beginn der Investition getätigte Auszahlung in der Berechnung unberücksichtigt bzw. wird sie lediglich in Form von kalkulatorischen Zinsen (als Aufwand) berücksichtigt.

Bedeutsame Formen der statischen Investitionsrechenverfahren sind die Kostenvergleichsrechnung, die Gewinnvergleichsrechnung, die statische Rentabilitätsrechnung und die statische Amortisationsrechnung - sie alle werden nachfolgend überblicksmäßig dargestellt.

Kostenvergleichsrechnung

Die Kostenvergleichsrechnung ermittelt die Vorteilhaftigkeit aus mehreren Projekten auf Basis der zurechenbaren Kosten bzw. der Kostenersparnis im Falle einer Rationalisierungsinvestition. Die Kostenvergleichsrechnung konzentriert sich darauf, die Investition mit den niedrigsten durchschnittlichen Kosten auszuwählen. Dabei werden die durchschnittlichen Periodenkosten berücksichtigt, um Schwankungen auszugleichen. Typischerweise sind folgende Kostenarten (welche in fixe und variable Kosten getrennt werden können) im Rahmen der Kostenvergleichsrechnung miteinzubeziehen: Löhne, Gehälter und Lohnnebenkosten, Materialkosten, Personalkosten, Versicherungskosten, Energiekosten, Instandhaltungs- und Reparaturkosten, kalkulatorische Abschreibung sowie kalkulatorische Zinsen. Die Kostenvergleichsrechnung wird oftmals bei der Beurteilung von Ersatzinvestitionen verwendet.

Gewinnvergleichsrechnung

Die Gewinnvergleichsrechnung ist eine Weiterführung der Kostenvergleichsrechnung. Bei der Gewinnvergleichsrechnung liegt der Fokus darauf, die Investition mit dem höchsten durchschnittlichen Gewinn (als absolute Größe) auszuwählen und Projekte mit Verlusten zu vermeiden. Abgeleitet von der Gewinnvergleichsrechnung lässt sich auch die kritische Menge bzw. Break-even-Menge berechnen. Die kritische Menge bezeichnet z.B. jene Menge bzw. Stückzahl, bei der die alternativen Investitionen gleichwertig sind.

Statische Rentabilitätsrechnung

Die statische Rentabilitätsrechnung zielt darauf ab, die Investition mit der höchsten durchschnittlichen Rendite zu wählen, wobei Projekte mit einer Rendite unterhalb der geforderten Mindestverzinsung ausgeschlossen werden. Als Kosten der Finanzierung (i.S.d. Mindestverzinsung) wird in der Regel der Grenzkapitalkostensatz verwendet. Mittels Rentabilitätsberechnungen können Projekte mit unterschiedlichen Investitionskosten verglichen werden - dabei ergänzen Rentabilitätsberechnungen idealerweise die Gewinnvergleichsrechnungen.

Statische Amortisationsrechnung

Die statische Amortisationsrechnung bzw. Amortisationsdauer - im Vergleich zur statischen Rentabilitätsrechnung - betrachtet die benötigte Zeitdauer, um die Investitionskosten aus den Einnahmenüberschüssen zurückzugewinnen (Pay-off period). Je kürzer die Amortisationsdauer ist, desto vorteilhafter ist die Investition. Die Amortisationsrechnung wird oft zur Einschätzung des Risikos von Investitionsprojekten herangezogen. Die Amortisationsdauer kann dahingehend Klarheit bringen, inwieweit Deckung mit branchenspezifischen Erfahrungswerten besteht.

Verglichen mit anderen Investitionsrechenverfahren verwendet die Amortisationsrechnung keine buchhalterischen Größen, sondern basiert auf Zahlungsströmen. Dieser Cashflow geht grundsätzlich vom Gewinn aus und korrigiert diesen um unbare Aufwendungen (wie z.B. Abschreibungen) und Erträge. Konkret wird der "Cashflow from operating activities" für die Berechnung herangezogen, da Veränderungen im Working Capital unberücksichtigt bleiben.

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Dynamische Investitionsrechenverfahren

[September 2023]

Da die statischen Investitionsrechenverfahren für eine erste grobe Beurteilung geeignet sind, aber konzeptionelle Schwächen aufweisen, sollten bei der detaillierten Prüfung von Investitionsentscheidungen dynamische Verfahren eingesetzt werden. Insbesondere der Faktor Zeit wird im Rahmen der statischen Verfahren vernachlässigt, was dazu führt, dass Gewinne gleich behandelt werden, egal in welcher Periode sie auch anfallen. Diese Nichtberücksichtigung des Zinseszinseffekts macht sich umso stärker bemerkbar, je länger die Laufzeit des Projektes ist - umso größer ist auch der Mangel bei den statischen Investitionsrechenverfahren. Ein weiterer häufiger Fehler bei den statischen Investitionsrechenverfahren liegt darin, dass nur das Jahr der Anschaffung (d.h. der Investition) analysiert wird und die für das erste Jahr getroffenen Annahmen auch für die restliche Zeit der Nutzungsdauer Gültigkeit haben sollen, obwohl etwa Löhne, Erlöse, Energiepreise etc. im Zeitablauf Schwankungen unterliegen.

Dynamische Investitionsrechenverfahren erfordern zwar mehr Eingangsdaten, bieten jedoch eine höhere Genauigkeit. Die Vorteile dynamischer Investitionsrechenverfahren liegen vor allem in der Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls von Ein- und Auszahlungen (je früher der Rückfluss, desto höher der Wert) und in der besseren Vergleichbarkeit mit alternativen Investitionsmöglichkeiten. Vereinfacht ausgedrückt berücksichtigen die dynamischen Verfahren den zeitlichen Unterschied zwischen Einzahlungen und Auszahlungen und machen Zahlungsströme vergleichbar, indem entweder auf den Endwert aufgezinst (Endwertmethode) oder auf den Investitionszeitpunkt abgezinst (Barwertmethode) wird.

Im Folgenden werden die gängigen dynamischen Investitionsrechenverfahren beschrieben und es werden Interpretationsmöglichkeiten für die berechneten Ergebnisse dargestellt. Dabei handelt es sich um die Kapitalwertmethode, die dynamische Annuitätenmethode, die Interner-Zinssatz-Methode sowie die dynamische Amortisationsrechnung.

Damit die dynamischen Verfahren ausreichend Aussagekraft haben, müssen mehrere Annahmen erfüllt sein. Neben der Existenz eines vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkts wird etwa vorausgesetzt, dass Kapital uneingeschränkt vorhanden ist und für die zugrundeliegenden Investitionsprojekte zur Verfügung steht. Überdies wird angenommen, dass der Kalkulationszinssatz jenem Zinssatz entspricht, zu dem Geld am Kapitalmarkt veranlagt werden könnte - die Entscheidung liegt also darin, das Kapital am Kapitalmarkt zu veranlagen oder in das zu untersuchende Projekt zu investieren. Schließlich ist der Kalkulationszinssatz gegebenenfalls um einen Risikozuschlag zu erhöhen - das ist dann notwendig, wenn nicht für alle Projekte Sicherheit bzw. die gleiche Sicherheit unterstellt werden kann.

Kapitalwertmethode

Der Kapitalwert einer Investition ist die Summe aller Ein- und Auszahlungen, die auf den Investitionszeitpunkt (t0) abgezinst werden. Es ist wichtig, die Ein- und Auszahlungen der Investition dem Planungszeitraum zuzuordnen, der typischerweise 5 bis 10 Jahre umfasst. Der Kapitalwert zeigt, um welchen Betrag die Investition "mehr bringt" als eine alternative Anlage zum Kalkulationszinssatz. Dabei kann mittels Kapitalwertmethode sowohl eine absolute als auch eine relative Vorteilhaftigkeit berechnet werden. Dabei hängt der Kapitalwert stark vom Kalkulationszinssatz ab: je höher der Zinssatz, desto weniger vorteilhaft ist die Investition, da der Barwert der zukünftigen Zahlungen durch den höheren Zinssatz geringer wird. Die Kapitalwertmethode ermöglicht auch die Berücksichtigung von komplexen Parametern wie Steuerwirkungen und Finanzierungsentscheidungen. Da die Kapitalkosten bereits im Kalkulationszinssatz abgebildet werden, dürfen Zinsaufwendungen bzw. Zinszahlungen (d.h., kalkulatorische Zinsen) nicht nochmals in dem Zahlungsstrom bei der Berechnung des Kapitalwerts berücksichtigt werden.

Dynamische Annuitätenmethode

Die Annuität einer Investition ist der jährliche Rentenbetrag über die Nutzungsdauer des Projekts, bei dem der Barwert der Renten dem Kapitalwert entspricht. Die dynamische Annuitätenmethode basiert auf den gleichen Grundlagen wie die Kapitalwertmethode. Sie ermöglicht jedoch einen besseren Vergleich von Investitionen mit unterschiedlichen Nutzungsdauern, da hier die Aussagekraft der Kapitalwertmethode an ihre Grenzen stößt. Die Annuität als gleichbleibende Zahlung über einen definierten Zeitraum stellt den maximal entnehmbaren Betrag dar, sodass der Kapitalwert der restlichen Zahlungen null beträgt. Daher kann mittels (dynamischer) Annuitätenmethode jener Betrag ermittelt werden, welcher über die Laufzeit des Projektes aus dessen Rückflüssen entnommen werden kann, sodass der Kapitalwert genau null beträgt (es wird dann die Verzinsung auf Basis des Kalkulationszinssatzes erreicht).

Interner Zinssatz

Der interne Zinssatz bzw. die Interner-Zinssatz-Methode als Ausprägung der dynamischen Investitionsrechenverfahren haben als Prämisse, dass Projekte nur realisiert werden sollten, wenn ihr interner Zinssatz die geforderte Mindestverzinsung erreicht oder übersteigt. Der interne Zinssatz ist der Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Investition null ist. Hierbei müssen Ein- und Auszahlungen ebenso im Zeitverlauf abgeschätzt werden. Anders ausgedrückt, wird bei Verwendung der Interner-Zinssatz-Methode prinzipiell von einer Kapitalknappheit ausgegangen. Entscheidungsrelevant ist folglich nicht ein positiver Kapitalwert, sondern eine Verzinsung des für die Investition benötigten Kapitals. Umgekehrt zeigt sich, wie hoch die Kapitalkosten maximal sein dürfen, damit der Kapitalwert nicht negativ wird.

Eine wesentliche Prämisse und zugleich Schwäche der Interner-Zinssatz-Methode ist, dass alle Zahlungen mit dem internen Zinssatz abgezinst werden. Somit wird unterstellt, dass alle Zahlungen des Projekts zum internen Zinssatz veranlagt bzw. beschafft werden können. Ist nun der interne Zinssatz größer als der Kalkulationszinssatz, so wird angenommen, dass aus dem Investitionsprojekt resultierende Zahlungen zu besseren Bedingungen am Kapitalmarkt wiederveranlagt werden können ("Wiederveranlagungsprämisse"). Der "modifizierte interne Zinssatz" versucht diesen Mangel zu beheben. Konkret wird im Rahmen der modifizierten internen Zinssatzmethode ein zweiter Kalkulationszinssatz für die Wiederveranlagung der Rückflüsse verwendet. Da nun sämtliche Rückflüsse zum einheitlich vorgegebenen Zinssatz veranlagt werden, werden rechnerisch alle Rückflüsse gleich behandelt. Typischerweise werden die Kapitalgrenzkosten als Zinssatz für die Zwischenveranlagung herangezogen.

Dynamische Amortisationsrechnung

Bei der dynamischen Amortisationsrechnung bzw. dynamischen Amortisationsdauer wird die Investition mit der relativ kürzesten Amortisationsdauer gewählt. Die dynamische Amortisationsdauer ist eine Kennzahl zur Risikobeurteilung und berücksichtigt explizit Zinsen und Zinseszinsen - sie ähnelt der statischen Amortisationsdauer (im Rahmen der statischen Amortisationsdauer wird jedoch von durchschnittlichen Rückflüssen ausgegangen und der Faktor Zeit wird nicht entsprechend berücksichtigt). Konkret kann mittels dieses Investitionsrechenverfahrens jener Zeitraum bestimmt werden, innerhalb dessen die Investitionsauszahlung in Form von Cash zurückgeflossen ist. Dabei wird jede Periode einzeln betrachtet und die Rückflüsse werden auf den Zeitpunkt t0 abgezinst, um dem unterschiedlichen zeitlichen Anfall der Zahlungen Rechnung tragen zu können.

Der Einsatz von Investitionsrechenverfahren - sowohl statischer als auch dynamischer Natur - kann die Qualität von (Investitions)Entscheidungen nicht zuletzt dadurch erhöhen, dass eine gründliche Auseinandersetzung mit der Investition und eine quantitative Bewertung relevanter Aspekte erforderlich ist. Zu beachten ist, dass die Verwendung von Investitionsrechenverfahren eine umfangreiche Datengrundlage erfordern kann, wie z.B. möglichst genaue Annahmen über zukünftige Ein- und Auszahlungen, Steuerwirkungen und Finanzierungsentscheidungen usw.

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Mein Unternehmen ist pleite - was jetzt?

[Januar 2023]

In Zeiten hoher Energiekosten und auslaufender Corona-Hilfen wird die Zahl der Insolvenzen in Österreich wieder deutlich steigen. Eine Insolvenz bringt aber nicht zwangsläufig das Ende eines Unternehmens mit sich, sondern kann auch einen Neuanfang im Rahmen eines Sanierungsverfahrens bedeuten. Nachfolgend werden wichtige Fragen zu Handlungsmöglichkeiten und nötigen Voraussetzungen beantwortet.

Wann ist ein Insolvenzantrag zu stellen?

Die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind:

  • Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (allgemeiner Insolvenzeröffnungsgrund) oder
  • seine insolvenzrechtliche Überschuldung (für juristische Personen, Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist und bei Verlassenschaften).

Hinzu kommt, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit ein Sanierungsverfahren eröffnet werden kann.

Das Insolvenzverfahren für Unternehmen kann grundsätzlich in folgende Grundvarianten gegliedert werden:

  • Konkursverfahren;
  • Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung;
  • Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung.

Ob es im Zuge des Insolvenzverfahrens zur Eröffnung eines Sanierungs- oder Konkursverfahrens kommt, hängt u.A. vom Willen des Schuldners ab. Die Gläubiger können durch einen Antrag nur die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bewirken. Die Sanierung im Rahmen eines Sanierungsverfahrens kann nur durch den Schuldner angestrebt werden.

Ein Überblick über die Insolvenztatbestände und deren Folgen bietet nachfolgende Grafik.

Überschuldung

Zahlungsunfähigkeit

Drohende Zahlungsunfähigkeit

Negatives Eigenkapital -
buchmäßige Überschuldung
UND

Fällige Schulden können nicht mehr bezahlt werden

Zukünftige Schulden können vorraussichtlich nicht mehr bezahlt werden

Schulden sind größer als Verkehrswert des Vermögens
ODER
negative Fortbestehensprognose

Insolvenzantragspflicht binnen 60 Tagen
Ist ein Sanierungsplan möglich?

Sanierungsverfahren kann beantragt werden

NEIN
Konkursverfahren

JA
Sanierungsverfahren

Sanierungsverfahren

Welche weiteren Schritte sind zu setzen, wenn der Konkurstatbestand der Überschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit vorliegt?

Spätestens 60 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung muss bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden. Dieser ist beim zuständigen Landesgericht (bzw. Handelsgericht Wien) am Firmensitz einzubringen.

Wer ist verpflichtet, einen Insolvenzantrag einzubringen?

  • Bei Einzelunternehmen: die natürliche Person (Inhaber);
  • bei Personengesellschaften: alle vollhaftenden Gesellschafter;
  • bei einer GmbH: der unternehmensrechtliche Geschäftsführer.

Ebenso ist jeder Gläubiger eines Unternehmens berechtigt, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt und der berechtigte Verdacht besteht, dass dies auch in absehbarer Zeit nicht der Fall sein wird.

Wie muss der Insolvenzantrag gestellt werden? Welche Unterlagen werden benötigt?

  • Eine vollständige Liste der Gläubiger mit dem jeweiligen Schuldenstand;
  • der Firmenbuchauszug des Unternehmens;
  • der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens;
  • das Vermögensverzeichnis des Unternehmens inklusive des aktuellen Vermögensstatus;
  • eine vollständige Kreditorenliste;
  • eine vollständige Debitorenliste des Unternehmens;
  • die Jahresabschlüsse des Unternehmens der letzten 3 Jahre;
  • ein Anlagenverzeichnis;
  • eine vollständige Inventarliste;
  • eine vollständige Dienstnehmerliste.

Wie werden die Kosten für ein Insolvenzverfahren gedeckt?

Eine wesentliche Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist die Bescheinigung von kostendeckendem Vermögen. Dabei muss meistens ein Kostenvorschuss beim zuständigen Gericht in Höhe von 4.000 € eingezahlt werden. Hierbei haftet z.B. der Geschäftsführer einer GmbH bis zu diesem Betrag für die anstehenden Kosten des Insolvenzverwalters. Für den Fall, dass dieser Kostenvorschuss mangels verfügbaren Vermögens des Unternehmens nicht aufgebracht werden kann, kann ein Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen werden.

Was passiert nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

Das zuständige Gericht bestellt per Gerichtsbeschluss einen Insolvenzverwalter. In einem Erstgespräch mit dem Unternehmensverantwortlichen wird auch die Frage diskutiert, ob das Unternehmen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht doch noch weitergeführt werden kann.

Für den Fall, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen war, wird die Antwort auf diese Frage in erster Linie von einer positiven Fortführungsprognose abhängen. Die Frage der Möglichkeit der Fortführung des Unternehmens sollte die Geschäftsführung bereits im Vorfeld klären. Auch Unterlagen für ein etwaiges Sanierungsverfahren sollten bereits ausgearbeitet sein.

Ablauf des Konkursverfahrens

Das Konkursverfahren wird auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners mittels Eröffnungsbeschlusses begonnen. Es folgt die Prüfphase, in der der Masseverwalter ermittelt, ob das Unternehmen saniert und fortgeführt werden kann oder alternativ, wie das Vermögen sinnvoll liquidiert werden kann.

Die Entscheidung fällt die Berichtstagsatzung, in der der Insolvenzverwalter berichtet, ob die Voraussetzungen für eine sofortige Schließung des gesamten Unternehmens oder einzelner Unternehmensbereiche bzw. für eine Fortführung gegeben sind sowie ob ein Sanierungsplan dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger entspricht und ob dessen Erfüllung voraussichtlich möglich sein wird. Nach der Gläubigerversammlung folgt die Forderungsanmeldung der Gläubiger, über die in der allgemeinen Prüfungstagsatzung entschieden wird. Die Berichtstagsatzung und die Prüfungstagsatzung können verbunden werden.

Das Konkursverfahren endet mit der Verwertung und Verteilung (Schlussverteilung) der Insolvenzmasse (Verteilungstagsatzung) sowie der Rechnungslegungs- oder Schlussrechnungstagsatzung.

Ablauf des Sanierungsverfahrens

Als Sanierungsverfahren wird das Insolvenzverfahren dann bezeichnet, wenn bei Eröffnung des Verfahrens ein zulässiger Sanierungsplan vorliegt. Liegt ein solcher Plan nicht vor, ist das Insolvenzverfahren als Konkursverfahren zu bezeichnen. Das Ziel des Sanierungsverfahrens ist die rasche finanzwirtschaftliche Sanierung (Entschuldung) des Unternehmens durch Annahme eines Sanierungsplans. Es kann in Form eines Sanierungsverfahrens mit oder ohne Eigenverwaltung beantragt werden.

Grundsätzlich entspricht der Ablauf des Sanierungsverfahrens jenem des Konkursverfahrens. Allerdings weist dieses folgende Besonderheiten auf:

  • Die Eröffnung des Sanierungsverfahrens kann bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit beantragt werden;
  • das Gericht hat mit der Eröffnungsentscheidung eine Sanierungsplantagsatzung auf 60 bis 90 Tage nach der Eröffnung anzusetzen;
  • das Unternehmen darf erst verwertet werden, wenn der Sanierungsplanvorschlag nicht innerhalb von 90 Tagen nach der Eröffnung angenommen wird.
  • In beiden Fällen ist zu beachten, dass zur Annahme des Sanierungsplans eine doppelte Mehrheit der bei der Tagsatzung anwesenden Gläubiger erforderlich ist (Kopfmehrheit und Kapitalmehrheit). Wenn kostendeckendes Vermögen vorhanden ist oder ein Kostenvorschuss gelegt wird, kommt es - wenn alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind - zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein.

  • Der Sanierungsplan liegt schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor;
  • innerhalb von zwei Jahren müssen mindestens 30 % der Schulden bezahlt werden;
  • die Mehrheit der Gläubiger stimmt dem Sanierungsplan zu;
  • das Verfahren ist vorbereitet.

Der wesentliche Unterschied zum Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung ist das höhere Quotenerfordernis (30 % statt 20 %). Außerdem kommt es zu wesentlich geringeren Einschränkungen für den Schuldner, da er unter der Aufsicht eines Sanierungsverwalters über sein Vermögen verfügen kann. Folgende Unterlagen müssen vor der Eröffnung des Verfahrens mit Eigenverwaltung vorgelegt werden:

  • Sanierungsplan mit dem Angebot an die betroffenen Gläubiger, binnen 2 Jahren eine Quote zu bezahlen (die Höhe richtet sich je nach Art des Sanierungsverfahrens);
  • ein genaues Vermögensverzeichnis;
  • eine aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand, in der die Bestandteile des Vermögens auszuweisen, zu bewerten und die Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen sowie aufzugliedern sind (Status);
  • eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für die folgenden 90 Tage, aus der sich ergibt, wie die für die Fortführung des Unternehmens und für die Bezahlung der Masseforderungen notwendigen Mittel aufgebracht und verwendet werden sollen (Finanzplan);
  • ein Gläubigerverzeichnis;
  • eine Übersicht darüber, wie die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Mittel aufgebracht werden sollen;
  • Angaben über die Anzahl der Beschäftigten und über die im Unternehmen errichteten Organe;
  • Informationen über die zur Erfüllung des Sanierungsplans nötigen Reorganisationsmaßnahmen, insbesondere Finanzierungsmaßnahmen;
  • die letzten 3 Jahresabschlüsse.

Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung

Der Vorteil des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung ist das geringere Quotenerfordernis in Höhe von 20 % (statt 30 % bei Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung). Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens sind:

  • Der Sanierungsplan liegt schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor;
  • innerhalb von zwei Jahren müssen mindestens 20 % der Schulden bezahlt werden können;
  • die Mehrheit der Gläubiger stimmt dem Sanierungsplan zu.

Ist der Sanierungsplan bestätigt, ist das Insolvenzverfahren aufgehoben - der Schuldner erlangt die Verfügungsmacht über sein Vermögen zurück.

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Due Diligence als wichtige Vorstufe beim Unternehmenserwerb

[Januar 2023]

Der Begriff Due Diligence stammt aus dem angloamerikanischen Rechtskreis und bedeutet Prüfung (eines Unternehmens) mit der "gehörigen Sorgfalt". Oftmals durchleuchtet dabei ein potentieller Käufer die Bilanzen des Zielobjektes, prüft rechtliche Hindernisse und beurteilt vor allem auch das wirtschaftliche Entwicklungspotential eines Unternehmens. Typische Vorteile und Funktionen einer (Buyer) Due Diligence sind etwa die Informationsfunktion, die darin besteht, dem möglichen Käufer einen Überblick über das zu akquirierende Objekt zu verschaffen und damit die bestehende Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer zumindest zu verringern. Damit einher geht auch die Möglichkeit, verdeckte Chancen und Risiken zu identifizieren. Ebenso können die Ergebnisse einer Due-Diligence-Prüfung zur Gestaltung des Gewährleistungskatalogs beitragen oder zu einer Anpassung der ursprünglichen Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers führen. Die mit der Durchführung einer Due Diligence oftmals verbundenen erheblichen Kosten werden häufig auch deshalb in Kauf genommen, weil das Management des Erwerbers eine Haftungsabsicherung erreichen will, um sich nicht dem Vorwurf einer sorgfaltswidrigen Vorgehensweise beim Unternehmenserwerb aussetzen zu müssen.

Einteilungsformen einer Due Diligence

Nach der Person des Auftraggebers unterscheidet man zwischen Vendor Due Diligence und Buyer Due Diligence, welche in der Praxis wesentlich häufiger vorkommt. Eine Vendor Due Diligence ist typischerweise dann sinnvoll, wenn der Verkäufer zunächst Informationen über sein eigenes Unternehmen gewinnen will bzw. muss, um eine künftige Veräußerung vorzubereiten oder rechtlich zu strukturieren. Wie etwa bei einem Bieterverfahren (Tender-Verfahren) kann basierend auf den Ergebnissen einer Due-Diligence-Prüfung den Kaufinteressenten eine erste Angebotsunterlage zur Verfügung gestellt werden.

Eine Due-Diligence-Prüfung lässt sich oftmals in folgende Teilbereiche mit unterschiedlichen Schwerpunkten einteilen.

Legal Due Diligence

Prüfung der rechtlichen und vertraglichen Verhältnisse des Unternehmens sowie Optimierung der rechtlichen Transaktionsstruktur (z.B. Share Deal oder Asset Deal) durch Rechtsanwälte. Die Ergebnisse der Legal Due Diligence bilden oftmals auch eine wichtige Grundlage für die Gestaltung des Gewährleistungskatalogs.

Tax Due Diligence

Prüfung der steuerlichen Verhältnisse und Identifizierung möglicher steuerlicher Risiken (z.B. im Rahmen zukünftiger Betriebsprüfungen) durch Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Dabei stehen steuerliche Themen wie ertrag- und umsatzbezogene Steuern, die Konzernfinanzierung aus steuerlicher Sicht, Folgen der Gruppenbesteuerung, Prüfung von Lohn- und Sozialabgaben, Prüfung der Verlustvorträge oder auch Verrechnungspreisthemen (nicht zuletzt aufgrund der Ähnlichkeit zwischen verdeckter Einlagenrückgewähr und verdeckter Gewinnausschüttung) oftmals im Fokus.

Financial Due Diligence (Accounting Due Diligence)

Prüfung der Jahresabschlüsse (i.d.R. der letzten drei bis fünf Jahre) in Hinblick auf Risiken, die aus der Überbewertung von Vermögenswerten bzw. der Unterbewertung von Schulden resultieren. Weiters werden auch stille Reserven, die bei der Kaufpreisermittlung eine Rolle spielen, identifiziert. Die Financial Due Diligence führen in der Regel Wirtschaftsprüfer durch. Dabei wird auch die Plausibilität und Konsistenz der Unternehmensplanung oder auch des internen Kontrollsystems geprüft und das wirtschaftliche Entwicklungspotential des Zielobjekts kritisch beleuchtet.

Commercial Due Diligence

Dabei wird die strategische Positionierung des Unternehmens geprüft, Absatz-, Preis -und Marktanteilsinformationen mit dem Branchenschnitt verglichen und die Attraktivität der erzeugten Produkte bzw. Dienstleistungen beurteilt. Eine Commercial Due Diligence kann beispielsweise durch Unternehmensberater oder bei größeren Transaktionen auch durch Investmentbanken durchgeführt werden.

Environmental Due Diligence und Cultural Due Diligence

Die Environmental Due Diligence durchleuchtet die Zielgesellschaft auf mögliche Umweltrisiken hin, wobei ein wichtiger Punkt auch darin besteht, ob die Gesellschaft über die erforderlichen umweltrechtlichen Genehmigungen verfügt bzw. ob umweltrechtlich betrachtet aus der Vergangenheit Altlasten bestehen. Der Bereich der Cultural Due Diligence und damit die Überprüfung von "soft factors" hat in letzter Zeit immer stärker an Bedeutung gewonnen. Schließlich scheitern Unternehmensübernahmen manchmal nicht aus rechtlichen Gründen, sondern im Rahmen der so genannten "post merger integration" aufgrund der Unvereinbarkeit bestehender Unternehmenskulturen.

Praktische Aspekte bei der Durchführung einer (Buyer) Due Diligence

Herzstück bei der Durchführung einer Due Diligence ist der so genannte Datenraum, der heutzutage meist virtuell ausgestaltet ist und die Möglichkeit, Dokument abzuspeichern oder auszudrucken, regelmäßig stark einschränkt. In dem Datenraum werden von dem Management der Zielgesellschaft die zu durchleuchtenden Dokumente und Informationen zur Verfügung gestellt, wobei typischerweise im Verlauf der Due-Diligence-Prüfung weitere Dokumente angefragt werden können (Due-Diligence-Request-List). Kritisch sollte im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung der Umstand gewürdigt werden, wenn das geprüfte Unternehmen (im Datenraum) nur überholte Zahlen vorlegt oder wichtige Informationen gar nicht oder nur sehr lückenhaft dem potentiellen Erwerber zur Verfügung stellt. Auch die Vorlage allzu optimistischer Planungsrechnungen, die in keinem Verhältnis zur vergangenen Entwicklung stehen, sollten stets kritisch beurteilt werden.

Die Ergebnisse einer Due-Diligence-Prüfung werden üblicherweise in einem schriftlichen Due-Diligence-Report festgehalten, wobei oftmals das besondere Interesse des Auftraggebers in einem "Red Flag Report" liegt. Der Red Flag Report soll nur jene Umstände enthalten, die für die Kaufentscheidung relevant sind (insbesondere "Dealbreakers" als Umstände, welche geeignet sind, die Transaktion scheitern zu lassen). Der Due-Diligence-Report und das Abschlussmeeting kennzeichnen regelmäßig das Ende der Due Diligence. Im Idealfall folgt darauf der Beginn der konkreten Verhandlungsgespräche, sofern beide Parteien weiterhin am Transaktionsvorhaben festhalten.

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Kontrollrechte eines Minderheitsgesellschafters einer GmbH

[Mai 2022]

Insbesondere wenn das Vertrauen eines GmbH-Gesellschafters in die Organe der GmbH verloren geht, stellt sich für den Gesellschafter die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, auf eventuell pflichtwidriges Verhalten der Organe zu reagieren. Das GmbH-Gesetz (GmbHG) sieht diesbezüglich Teilnahme-, Auskunfts- und Stimmrechte im Rahmen der Generalversammlung vor. Darüber hinaus stehen solchen Gesellschaftern auch abseits der Generalversammlung Informationsrechte und Kontrollrechte zu. Im Folgenden werden die wichtigsten Minderheitsgesellschafterrechte überblicksmäßig dargestellt.

Bucheinsichtsrecht

Die wichtigsten Informationsrechte der Gesellschafter sind in § 22 Abs. 2 GmbHG geregelt. Demnach ist jedem Gesellschafter ohne Verzug der Jahresabschluss samt Lagebericht und falls vorhanden der Konzernabschluss samt Konzernlagebericht zuzusenden, sobald dieser aufgestellt wurde. Zusätzlich darf der Gesellschafter innerhalb von 14 Tagen vor der zur Prüfung des Jahresabschlusses berufenen Versammlung der Gesellschafter oder vor Ablauf der für die schriftliche Abstimmung festgesetzten Frist in die Bücher und Schriften der Gesellschaft Einsicht nehmen. Eine Bestimmung, dass den Gesellschaftern das Einsichtsrecht nicht zusteht oder dass es innerhalb einer kürzeren Frist auszuüben oder sonstigen Beschränkungen unterworfen sei, darf in den Gesellschaftsvertrag nur aufgenommen werden, wenn ein Aufsichtsrat zu bestellen ist. Aber auch in jenen Fällen, in denen das Einsichtsrecht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen bzw. eingeschränkt wurde, hat der Gesellschafter ein Recht auf Zusendung des Jahres- (Konzern-)Abschlusses samt Lagebericht. Bei einem gänzlichen Ausschluss hat der Gesellschafter noch ein zusätzliches Recht auf Zusendung des Gewinnverteilungsvorschlages, des Prüfungsberichtes des Abschlussprüfers sowie der Generalversammlungsbeschlüsse. Der Gesetzgeber hat somit jedem Gesellschafter die Möglichkeit gegeben, sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu informieren bzw. sich auf die Generalversammlung vorzubereiten.

Umfassender Informationsanspruch

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH stehen dem Gesellschafter einer GmbH auch außerhalb der Generalversammlung umfassende - nicht näher zu begründende - Informationsansprüche zu. Da die Gesellschafter ihre Prüfungs- und Leitungsaufgaben sachgerecht wahrzunehmen haben, leitet sich daraus auch ein umfassender Informationsanspruch über alle Angelegenheiten der Gesellschaft ab. Dieser Informationsanspruch steht nicht nur Gesellschaftern mit aufrechter Mitgliedschaft, sondern auch ausgeschiedenen Gesellschaftern zu. Das Informationsinteresse des Gesellschafters ist bei außergerichtlicher Geltendmachung konkret darzulegen und betrifft Unterlagen für den Zeitraum der Mitgliedschaft. Allerdings gilt der Informationsanspruch des Gesellschafters auch nicht uneingeschränkt. Die Gesellschaft darf die Information verweigern, wenn gesellschaftsfremde, die Gesellschaft schädigende Interessen verfolgt werden. Dies trifft beispielsweise zu, wenn ein konkurrierender Gesellschafter die Einsicht in wettbewerbsrelevante Informationen begehrt und eine Verletzung des Kartellverbots vorliegt.

Minderheitenrechte

Neben den bereits erwähnten Individualrechten sieht das GmbHG zusätzlich Minderheitenrechte vor; ein Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter zur Erreichung des notwendigen Quorums ist möglich. Die Minderheitenrechte richten sich je nach Beteiligungshöhe bzw. Höhe der Stammeinlage.

Ein wichtiges Instrument bei der Beschlussfassung durch einen oder mehrere Minderheitsgesellschafter stellt die Sperrminorität dar. Das nötige Stimmengewicht ergibt sich aus den jeweiligen Mehrheitsregeln. Ist für einen Beschluss im Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz bspw. eine ¾ - Mehrheit vorgesehen, so kann der Beschluss durch 25 % + 1 Stimme verhindert werden. Im Gesetz ist beispielsweise für die ersten zwei Jahre nach Eintragung der Gesellschaft eine zwingende ¾-Mehrheit erforderlich, wenn der Kaufpreis des Erwerbs von Anlagen bzw. von unbeweglichen Gegenständen zu dauernden Geschäftszwecken 20 % des Stammkapitals übersteigt.

Weitere Minderheitenrechte von Gesellschaftern sind nachfolgend dargestellt (sie setzen teilweise eine bestimmte Beteiligungshöhe usw. voraus).

Bei einer Beteiligung mit 10 % des Stammkapitals oder mit einer Stammeinlage im Nennbetrag von min. 700.000 € kann der Gesellschafter

  • einen Revisor bestellen, um ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten der Organe feststellen zu können. Der Minderheitsgesellschafter kann in der Generalversammlung demnach einen Antrag stellen, dass ein Revisor zur Prüfung des letzten Jahresabschlusses bestellt werden soll (Sonderprüfung). Wird der Antrag abgelehnt, so kann der Gesellschafter bei Gericht den Antrag auf Sonderprüfung nach § 45 Abs. 1 GmbHG stellen. Zuständiges Gericht ist das Handelsgericht des Sitzes der Gesellschaft. Im Antrag ist darzulegen, dass der Antrag auf Sonderprüfung (z.B. unter Tagesordnungspunkten wie Feststellung des Jahresabschlusses oder Entlastung der Geschäftsführung) bei der Generalversammlung abgelehnt wurde. Darüber hinaus müssen im Antrag Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages glaubhaft gemacht werden (z.B. Verstöße gegen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften, Bildung unverhältnismäßig hoher Reserven, unzulässige Entnahmen, Verrechnung betriebsfremder Ausgaben und sonstige Bilanzverschleierungen).
  • Ersatzansprüche gegen Gesellschafter, Geschäftsführer oder Aufsichtsrat geltend machen, wenn dies durch Gesellschafterbeschluss zuvor abgelehnt wurde oder gar über einen entsprechenden Antrag nicht abgestimmt wurde, obwohl der Antrag rechtzeitig bei den Geschäftsführern angemeldet war.
  • aus wichtigen Gründen in der Liquidationsphase der Gesellschaft andere Liquidatoren bestellen.

Ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 10 % des Stammkapitals oder einer Stammeinlage im Nennbetrag von mindestens 350.000 € kann

  • sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ein geringerer Anteil hierzu berechtigt wurde, eine Generalversammlung einberufen und Tagesordnungspunkte aufnehmen lassen (§§ 37, 38 GmbHG).
  • ein Aufsichtsratsmitglied bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch das Gericht abberufen lassen.

Ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 5 % des Stammkapitals kann

  • die gerichtliche Bestellung von Abschlussprüfern beantragen und
  • in der Liquidation die Prüfung des Jahresabschlusses verlangen (§ 91 Abs. 1 GmbHG).

Durch den vom Gesetzgeber prinzipiell eingeräumten Grundsatz der Gestaltungsfreiheit bei Verträgen kommt insbesondere bei der Gründung einer GmbH dem Gesellschaftsvertrag große Bedeutung zu, wenn es darum geht, abhängig von der Beteiligungsstruktur der Gesellschaft die Rechte der Gesellschafter so zu gestalten, dass das Konfliktpotential innerhalb der Gesellschafter minimiert wird.

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